Fifty Fifty

Sanierungen für 50 Prozent Energieeinsparung und mehr bis 2050. Für das Klima sind Immobilien ein großes Problem – zumindest die meisten. (Hier soll einen Leerzeile hin) In der Mehrheit werden sie 50 Jahre und länger genutzt. Jetzt müssen sie vielfach in gut der Hälfte dieser Zeit radikal umgebaut werden, damit das mit der Klimarettung in letzter Sekunde doch noch klappen kann.

Der Druck steigt

Durch Corona-Pandemie und Lockdowns hat es Deutschland 2020 unterm Strich gerade noch ins gesteckte Klimaziel geschafft. Nur ein Sektor verfehlte am Ende die Vorgabe: der Gebäudebereich. Ein Sofortprogramm und beinahe zwölf Milliarden Euro Fördermittel für energetische Sanierungen und energieeffizientes Bauen sollen den Rückstand möglichst 2021 noch aufholen. Schon macht wieder der Slogan „Fordern und Fördern“ die Runde. Denn im Bereich Wohnen stehen den Klimaschutzplänen der Bundesregierung und dem großen European Green Deal ohnehin schon hohe Hürden im Weg.

In den letzten drei Jahrzehnten haben private Immobilienbesitzer ebenso wie die Immobilien- oder Wohnungswirtschaft hier schon viel erreicht und die CO2-Emissionen des Sektors um rund 60 Prozent gesenkt. In etwa die gleiche Zeitspanne bleibt für den nächsten und wohl wichtigsten großen Schritt: die magische 0 bis 2050. Dann – im Jahr 2050 – soll die ganze Welt nach dem Pariser Klimaschutzabkommen in der Treibhausgasneutralität bei Netto-Null-Emissionen angekommen sein.

Rund 62 Prozent der Wohn- und etwa 55 Prozent der Gewerbeimmobilien in Deutschland sind älter als die erste Wärmeschutzverordnung von 1977.  

       Quelle: vladimirsukhachev/Canva  

Marathon im Sprinttempo

Zweifellos wurden die meisten von ihnen seitdem modernisiert, aber noch lange nicht ausreichend. Gebäude aller Art verursachten 2020 immer noch knapp über 16 Prozent der gesamten CO2-Emissionen des Landes. Wird noch der Energieaufwand für die Herstellung von Baustoffen oder Heizung und Kühlung der Gebäude in die Berechnung mit einbezogen, liegt der tatsächliche CO2-Fußabdruck sogar noch um einiges höher.

Diese erweiterte Rechnung gibt dann schon die Richtung für die angestrebte CO2-Neutralität vor: Energetische Sanierung statt Neubau, wann immer es wirtschaftlich vertretbar ist. Bei Gewerbeimmobilien wie Büroflächen in teuren Lagen passiert das bereits verstärkt im ganzen Land. Im letzten Jahrzehnt tendierte die Quote der Sanierungsbauten hier gen 30 Prozent. Insgesamt lag der Anteil von Sanierungen gewerblicher Immobilien in den Top-Städten Berlin, Düsseldorf und Frankfurt, Hamburg, Köln und München sowie Stuttgart jedoch nur bei etwas über 16 Prozent.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller deutschen Büroflächen machen diese Sanierungen allerdings weniger als ein Prozent des Bestands aus. Die großen Wohnungsunternehmen sind dagegen deutlich weiter und haben an einigen Standorten allein in den letzten Jahren beinah ein Fünftel ihres Bestands energetisch optimiert. Zugleich ist die Erhöhung der Sanierungsrate im Bestand von zuletzt etwa einem Prozent auf bis zu 2,5 Prozent pro Jahr bei manchem fest eingeplant; und das, obwohl die Unternehmen zusammen mit dem Bundesverband der deutschen Wohnungsunternehmen (GdW) noch vor wenigen Jahren gegen Pläne für eine kaum höhere fixe Sanierungsquote der EU Sturm gelaufen waren.  

So geht die Renovierungswelle

Quelle: maramicado/Canva

Kurz nach dem European Green Deal kündigte die Europäische Kommission in einer längeren Mitteilung eine „Renovierungswelle für Europa“ an – energieeffiziente Renovierungen für mehr als 220 Millionen Gebäude in den EU-Mitgliedsstaaten. Aber wie sieht so eine Renovierung oder Sanierung konkret aus? Im Kern zielt sie darauf ab, den Energieverbrauch eines Objekts bei Heizung, Lüftung oder Warmwasseraufbereitung auf ein Minimum zu reduzieren.  

Wenn die dann noch benötigte Energie aus erneuerbaren Quellen kommt, kann das Gebäude klimaneutral werden. Weil alle Objekte einzigartig sind, gibt es für die energetische Sanierung keine Universalanleitung. Vielmehr muss für jedes Gebäude eine individuelle Lösung gefunden werden, die auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis berücksichtigt.

Dabei stehen allen voran immer diese drei Punkte im Mittelpunkt:

  • gute Dämmung
  • dichte Gebäudehülle
  • effiziente Heizung und Warmwasseraufbereitung


Eine Solaranlage spart zusätzlich die Kosten für den Strom. Durch weitere Stromeinspeisungen in die Netze der Versorger fließt sogar Geld zurück. Alles zusammen ergibt außerdem eine deutliche Wertsteigerung des Objekts und am Ende schützt das sanierte Gebäude das Klima. Unabhängig vom jeweiligen Bau verlaufen die einzelnen Sanierungsschritte ähnlich und erreichen vergleichbare Werte bei der Energieeinsparung.

Im Einzelfall sinkt durch einen gelungenen Mix der Optimierungen der Energieverbrauch um bis zu 70 Prozent.

Quelle: Nadine Marfurt/Unsplash

Dämmung

Die Dämmung der größten Außenflächen bietet das meiste Energiesparpotenzial. Eine Dämmung von Dach und Fassade senkt den Energieverbrauch um jeweils etwa 15 bis knapp 20 Prozent. Dazu kann die Dämmung innen wie außen oder im Mauerwerk mit einer Kerndämmung eingebracht werden.

Abdichtung

Sie geht oft eng mit der Dämmung einher. Es empfiehlt sich ein paralleler Tausch von Fenstern und Türen gegen energieeffiziente neue Modelle. Das vervollständigt einerseits die Dämmung und andererseits können beim Austausch vorhandene Kälte- oder Wärmebrücken an den unterschiedlichen Bauelementen oder -teilen geschlossen werden.

Heizung

Quelle: Dan Lefebvre/Unsplash

Als letztes ist die Heizung an der Reihe: Allein hier liegt das Einsparpotenzial bei 30 bis 50 Prozent. Hybridheizungen mit angebundener Solarthermie bieten die fortschrittlichste Lösung. Ein zusätzlicher Kaminofen entlastet die Heizung und schafft zudem hohe Wohnbehaglichkeit. Holz als Energieträger befeuert auch Hackschnitzel- oder Pelletheizungen.

Andere mögliche Energieträger für die Heizung sind Gas oder Öl. Alle drei Heizungstypen können vergleichbare Beiträge zur Energieeffizienz eines Gebäudes leisten. An anderer Stelle gibt es aber einen großen Unterschied. Auch die effizienteste Ölheizung wird nicht mehr staatlich gefördert – das Heizen mit Gas oder Pellets dagegen schon. Solche direkten Zuschüsse oder auch zinsgünstige Kredite mit Tilgungszuschüssen gibt es unter dem Motto „Deutschland macht`s effizient“ reihenweise. Ansprechpartner für Privatpersonen wie Unternehmen ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).  

Der frühe Vogel...

Warum warten? Eine energetische Sanierung des Bestands steigert dessen Attraktivität sofort: Weniger Energieverbrauch bedeutet mehr Wert und mehr Ertrag durch mehr Nachhaltigkeit. Diese wird von Nutzern oder Mietern zunehmend erwartet oder verlangt. Die Immobilienwirtschaft punktet nebenbei noch in Sachen ESG. Unternehmen, die sich hier nach den neuen Vorgaben der EU grün oder nachhaltig nennen wollen, müssen einige Vorgaben erfüllen – unter anderem müssen ihre Objekte „Paris-ready“ sein. Das gelingt im Bestand nur mit energetischen Sanierungen.