Die Frage „Was willst du wirklich, wirklich tun?“ ist nicht nur eine provokante These des Sozialphilosophen Frithjof Bergmann, der das theoretische Konzept von New Work entwickelt hat. Diese Frage beschreibt die Kernforderung von New Work, wonach Mitarbeiter ihre Persönlichkeit und Kreativität in die Arbeit einbringen können sollen. Sie berücksichtigt nicht nur die Rahmenbedingungen, die sich durch Digitalisierung und Globalisierung verändern: Sie führt auch zu einer Veränderung der Arbeitsbedingungen sowie einem veränderten Rollenverständnis der am Arbeitsprozess beteiligten Personen.
Definition New Work
„New Work“ oder auch „Neue Arbeit“ bezeichnet ein von dem österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann in der Mitte der 70er-Jahre entwickeltes theoretisches Konzept, das eine neue Arbeitsweise im globalen und digitalen Zeitalter beschreibt. Unter dem Begriff New Work fasst man verschiedene, meist alternative Arbeitsmodelle und Organisationsansätze zusammen, sodass es sich um einen Sammelbegriff für moderne Arbeitskonzepte handelt. Im Zuge des durch Digitalisierung und Globalisierung bedingten Wandels der Arbeitswelt steht die Frage im Zentrum, wie man Arbeit zukunftsweisend und sinnstiftend organisieren kann. Daraus resultieren die zentralen Werte des Konzepts, nämlich Freiheit, Selbstständigkeit und Teilhabe an der Gemeinschaft. New Work bietet Freiräume für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und für Kreativität, woraus echte Handlungsfreiheit erwächst. Danach entsteht aus einer Arbeit, die angenehm und zutiefst erfüllend ist sowie Spaß macht, das Bedürfnis, sie zu selbstbestimmt zu erledigen.
Die Geschichte von New Work
Das Konzept über die neue Arbeitsweise im globalen und digitalen Zeitalter entwickelte der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann, der in Sachsen zur Welt kam, in Österreich aufwuchs und mit 19 Jahren in die Vereinigten Staaten auswanderte. Er beschäftigt sich bei seiner Forschung mit der philosophischen Frage nach der Unfreiheit durch Arbeit und der damit verbundenen Unfähigkeit, eigene Projekte zu realisieren. Seine theoretischen Überlegungen finden sich auch in seinem New-Work-Manifest, das er als Gegenmodell zum Kapitalismus versteht. Damit begründete er eine Bewegung mit neuen und flexibleren Vorstellungen über die Arbeitswelt, die dem Wandel der Gesellschaft von einer Industrie- in eine Wissensgesellschaft entspricht.
Aus einer Kooperation zwischen Bergmann und General Motors entstand so im Jahr 1984 das erste „Zentrum für Neue Arbeit“in Michigan. New Work steht außerdem ganz im Zeichen von Globalisierung und Digitalisierung, durch die zeitliche, räumliche und organisatorische Flexibilität möglich ist. Dies soll sich laut Bergmann in Zukunft auch auf Arbeitsräume und Unternehmensstrukturen auswirken.
New Work: Voraussetzungen und Auswirkungen
Abhängig von der aktuellen Struktur eines Unternehmens ist New Work bereits Teil der Unternehmenskultur oder kann zu einen radikalen Wandel führen. New Work hat sich in einem Unternehmen etabliert, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt:
- Innovative Ideen spielen eine wichtige Rolle und es findet eine aktive Förderung statt.
- Mitarbeiter partizipieren, indem sie Kompetenz, Leidenschaft und Ideen einbringen. Nicht mehr Strukturen entscheiden über die Teilnahme an Projekten, sondern Fähigkeiten und Interessen.
- New Work ermöglicht Work-Life-Balance, also ein ausgewogenes Verhältnis zwischen privaten Bedürfnissen und beruflichen Anforderungen.
- Im Mittelpunkt steht der Mensch. Das bedeutet, dass die Entfaltung des persönlichen Potenzials und die Selbstverwirklichung des Einzelnen zentrale Werte von New Work sind.
- New Worker zeichnen sich durch das Arbeiten in Netzwerken und durch ein Gemeinschaftsgefühl aus.
- Achtsamkeit und Gesundheit nehmen einen ebenso hohen Stellenwert ein wie Produktivität und Erfolg.
Durch New Work entsteht außerdem eine Wirtschaft, in der sich Kooperation und Konkurrenz nicht ausschließen. Dieses neue Marktverhältnis ermöglicht eine Zusammenarbeit bei gleichzeitig bestehendem Wettbewerb, beispielsweise wenn ein von zwei Unternehmen gemeinsam entwickeltes Produkt unter dem jeweils eigenen Markennamen auf den Markt kommt und beide zueinander im Wettbewerb stehen.
Agile, flexible und kreative Mitarbeiter
Immer häufiger gibt es neben einer Kernbelegschaft in herkömmlichen Arbeitsverhältnissen projektbezogene Zusammenarbeit mit Interimsmanagern, Freelancern und Zeitarbeitern. Diese haben meist befristete Arbeitsverträge, hohe Teilzeitquoten oder arbeiten in outgesourcten Bereichen. Der stationäre Arbeitsplatz von Angestellten tritt außerdem zugunsten einer mobilen Arbeitskultur, flexiblen Arbeitszeitmodellen, virtuellen Teams und dem Home Office in den Hintergrund. All dies steht im Einklang mit dem Konzept New Work, da diese Entwicklungen jedem Einzelnen eine flexible, an den eigenen Bedürfnissen orientierte Arbeitsgestaltung ermöglichen.
Anforderungen an das New Leadership
New Work stellt Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Das New Leadership muss Arbeitskräfte vor Ort und im mobilen Office sowie angestellte und freie Mitarbeiter organisieren und zu Produktivität anleiten. Dazu braucht es andere Führungsstile und Fähigkeiten als bisher: Während Arbeit früher hierarchisch nach dem Prinzip „kommandieren und kontrollieren“ aufgebaut war, müssen sich Manager heutzutage vielmehr in den Dienst ihrer Mitarbeiter stellen. Dazu gehören neben beruflicher Qualifikation Skills wie Empathie, moderne Mitarbeiterführung und ein hohes Organisationsvermögen. Bei Konzepten wie dem agilen Arbeiten geht es beispielsweise darum, Mitarbeitern ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Arbeiten zu ermöglichen. Dabei geben Chefs keine Aufgaben mehr von oben vor, sondern entwickeln gemeinsam mit ihren Angestellten Ziele, für die alle gemeinsam verantwortlich sind.
Mobile Arbeitskultur und neue Arbeitslandschaften
New Work verlangt auch nach neuen Arbeitslandschaften, die sich durch gute Luft, helles Licht, Kommunikationsinseln, Rückzugs- und Erholungsorte, Versammlungseinheiten und sinnvolle Laufwege auszeichnen sowie die Kreativität fördern. Firmeninterne Foren und Wikis sowie Social Enterprise Software unterstützen die Vernetzung untereinander. Dabei spielt auch das mobile Arbeiten, das durch cloudbasierte Netzwerke möglich ist, eine wichtige Rolle.
Wohlfühlklima als Unternehmenskultur
Florierende, zukunftsfähige Unternehmen zeichnen sich durch ein Wohlfühlklima am Arbeitsplatz aus. Das bedeutet, dass eine Unternehmenskultur, die sich durch die Angst der Mitarbeiter vor Fehlern auszeichnet, nicht mit New Work zusammenpasst. Offenes Kommunizieren und gemeinschaftliches Agieren auf Augenhöhe sind dagegen wesentlich für eine erfolgreiche Etablierung von New Work.
Aufgrund der veränderten Arbeitsbedingungen durch Digitalisierung und Globalisierung nehmen zudem starre Präsenzzeiten im Büro ab. Gleichzeitig sind Unternehmen darauf angewiesen, Mitarbeiter jederzeit erreichen zu können. Als Gegenleistung gewähren sie ihren Mitarbeitern im Arbeitsalltag mehr Zeit für Pausen und Regeneration, was unter anderem zu Work-Life-Blendingführt, das sich ebenfalls positiv auf das Unternehmensklima auswirken kann.
New Work versus Arbeiten 4.0
Im Zentrum der New-Work-Diskussion, die insbesondere Wissenschaftler und innovative Unternehmern führen, stehen Haltungen, Menschenbilder und Werte. Arbeiten auf Augenhöhe, Sinnstiftung, kultureller Wandel in der Arbeitswelt und Demokratisierung von Führung sind ihre signifikanten Merkmale. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich das sogenannte Arbeiten 4.0 damit, wie man mit den Veränderungen der Arbeitswelt umgehen kann. Im Mittelpunkt der Diskussion steht der Begriff Industrie 4.0, der als Synonym für eine sich durch die Digitalisierung verändernde Arbeitswelt steht. Federführend sind hier das Bundesministerium für Arbeit, die Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften und Unternehmerverbände. Antworten auf diese Herausforderung sind neue Formen der Arbeitszeitgestaltung sowie die Berücksichtigung der mit Digitalisierung, Globalisierung und demografischem Wandel verbundenen Veränderung von Ansprüchen und Werten.