Mietspiegel
Der Mietspiegel bringt Transparenz in den freien Markt für Mietwohnungen und lässt sich für viele verschiedene Zwecke nutzen.
Der deutsche Gesetzgeber schafft mit den Paragrafen 558c und 558d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Grundlage, um ortsübliche Mieten vergleichen zu können. Städte und Gemeinden erstellen zu diesem Zweck eine Übersicht mithilfe von Mietpreistabellen und Erläuterungen. In manchen Fällen arbeiten sie auch mit Interessenvertretern von Mieter- und Vermieterorganisationen zusammen. Um den Mietspiegel zu errechnen, nehmen sie den Durchschnitt aus den Nettomieten der Neu- und Wiedervermietungen und Mietpreiserhöhungen der letzten vier Jahre. Sie erfassen Mietwohnungen ähnlicher Ausstattung, Merkmale und Lage. Das BGB unterscheidet allgemein zwischen dem – umgangssprachlich „einfachen“ – Mietspiegel und dem qualifizierten Mietspiegel.
Entstehung des Mietspiegels
Nach 1945 herrschte in Deutschland große Wohnungsnot und die Regierung deckelte die Entwicklung der Wohnraummieten mit Preiskontrollen. In den 50er- und 60er-Jahren lockerte sie diese Politik in Bezug auf den frei finanzierten Wohnungsbau, woraufhin Vermieter die Mieten nahezu beliebig verhandeln und festlegen konnten. Die Mieter reagierten auf diese Mieterhöhungen allerdings häufig mit einer Kündigung. Um die Situation wieder zu stabilisieren, legte der Gesetzgeber im Jahr 1971 die ortsübliche Vergleichsmiete als Obergrenze für Erhöhungen und Neuvermietungen fest.
Es blieb jedoch unklar, auf welcher Grundlage dieser Vergleich stattfinden sollte. 1974 trat deshalb das Gesetz zur Regelung der Miethöhe in Kraft: Es definierte die ortsübliche Vergleichsmiete sehr viel konkreter und schuf ein neues Werkzeug, um sie zu ermitteln, festzulegen und gegebenenfalls Streit zu schlichten. In der Folge entstanden in zahlreichen Gemeinden Deutschlands Mietpreisübersichten. Im Jahr 2001 unterstrich der deutsche Staat den Wert dieses Vergleichs im Zug der Mietrechtsreform und rief den zusätzlichen qualifizierten Mietspiegel ins Leben.
Städte, Gemeinden und der Mietspiegel
Der Gesetzgeber regelt einige grundlegende Eckpunkte, wenn es darum geht, den Mietspiegel zu erstellen. Falls die Gemeinde und/oder der Mieter- und Vermieterbund einen Mietspiegel verfassen, ist die Übersicht alle zwei Jahre zu aktualisieren. Alternativ ist es erlaubt, den Preisindex für Lebenshaltungskosten als Veränderungsmaßstab anzulegen. Dann muss der Mietspiegel spätestens nach vier Jahren auf Grundlage der Mietverträge neu berechnet werden. Die Veröffentlichung ist in jedem Fall nicht verpflichtend, als Orientierungshilfe dient alternativ eine Mietdatenbank oder der angemessene Mietspiegel einer Nachbargemeinde. Deshalb geben nicht alle Städte oder Gemeinden den Vergleich heraus. Statistiken zur Mietspiegelverbreitung stellt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung zur Verfügung.
Unterschied zwischem einfachem und qualifiziertem Mietspiegel
Der Begriff „einfacher Mietspiegel“ bezeichnet die in § 558c BGB beschriebene Übersicht der Vergleichsmieten einer Gemeinde. Die Gemeindeverwaltung sowie die Mieter- und Vermietervereinigungen sind an der Entstehung beteiligt oder erkennen sie an. Im Unterschied dazu ist der „qualifizierte“ Mietspiegel im § 558d BGB beschrieben. Er ist per Gesetz nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen zu erstellen. Das bedeutet unter anderem, dass die Gemeinden speziell für die Berechnung Daten erheben müssen. Vor der Veröffentlichung muss der Gemeinde- oder Stadtrat den qualifizierten Mietspiegel förmlich annehmen. Im Zivilrecht ist die qualifizierte Variante eine Orientierungsmöglichkeit für die Rechtsprechung. Das Gericht geht von der Vermutung aus, dass er die ortsübliche Vergleichsmiete abbildet.
Die Anwendung des Mietspiegels
In erster Linie ist der Mietspiegel entstanden, um die ortsübliche Vergleichsmiete festzulegen. Er schafft Transparenz für Mieter und Vermieter und dient als Grundlage für Verhandlungen über den Mietpreis. Er eignet sich außerdem für einige wichtige Anwendungsbereiche: Im Mieterhöhungsverfahren kommt ihm eine besondere Bedeutung zu. Verlangt der Vermieter eine Anpassung der Miete, ist er verpflichtet, die ortsübliche Vergleichsmiete zu Grunde zu legen. Neben einer Mietdatenbank, einem Sachverständigengutachten und dem Nachweis dreier vergleichbarer Wohnungen ist der Mietspiegel dafür eine gesetzlich anerkannte Größe.
- Wohnungssuchende erhalten Anhaltspunkte, welche Wohnungen vergleichsweise teuer oder günstig sind.
- Zur Streitschlichtung zwischen Mietparteien verwenden Gerichte örtliche Mietwertübersichten als Grundlage.
- Der Mietspiegel erleichtert die Beobachtung der Marktentwicklung und unterstützt Gemeinden bei der Steuerung des Wohnungsmarktes. Ein Beispiel ist die Einführung der Mietpreisbremse.
- Schließlich hilft die Übersicht, Mietpreisüberhöhung und Mietwucher zu erkennen.
Zur Mietspiegel-Berechnung
Die Mietwerttabellen sind das Ergebnis eines aufwendigen Prozesses. Für die erforderlichen Daten müssen die Gemeinden Neumietverträge und Erhöhungen im gesamten Gebiet über die vergangenen vier Jahre erheben. Um einen qualifizierten Vergleich zu erzielen, müssen sie die grundlegenden Merkmale erfassen, die den Wert einer Wohnung ausmachen. Dazu gehören:
- Lage,
- Ausstattung,
- Größe,
- Baujahr,
- Beschaffenheit, großes Gewicht erhält die energetische Beschaffenheit.
Im Anschluss an die Datenauswertung ermittelt ein Ausschuss oder Arbeitskreis Durchschnittswerte für die jeweilige Wohnungsart. Er fertigt Tabellen an, aus denen die Quadratmeterpreise ersichtlich sind. In einigen Fällen enthalten die Übersichten auch Maximal- und Minimalpreise, die den Überblick über den Markt noch weiter schärfen. Im Fall einer qualifizierten Ausfertigung schreibt das Gesetzt vor, jeden Schritt zu dokumentieren.
Berechnung am Beispiel des Mietspiegels von Hamburg
Die Hansestadt gibt seit 1976 ihren „Mietenspiegel“ heraus. Ein repräsentativer Arbeitskreis aus Mieter- und Vermietervereinen, Richtern, Rechtsvertretern und der zuständigen Behörde widmet sich den erhobenen Daten. Grundlage bilden die Nettokaltmieten. Der Mietspiegel Hamburgs enthält neben den Durchschnittswerten auch Preisspannen, die durch leicht höher- oder geringerwertige Ausstattungsmerkmale und Modernisierungen entstehen. Auf diese Weise sind auch qualitative Abweichungen abgebildet.
Hamburg unterscheidet zwei Gruppen von Wohnlagen, dabei geben eine Karte und das Wohnlagenverzeichnis weiteren Aufschluss. Die Größe der Wohnungen ist in Wohnflächen gegliedert. Die Mietwerttabelle teilt grob in Baujahre und zwei unterschiedliche Ausstattungsklassen ein, die sich über das Bad und die Art der vorhandenen Heizung definieren. Die Erläuterungen enthalten weitere wichtige Merkmale, die sich auf die energetische Beschaffenheit und die Qualität der Wohnung beziehen. In den Erklärungen vermittelt der Arbeitskreis den Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen und den Preisspannen.